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Agilität – Methode oder Geisteshaltung?

Traditionelle Managementmethoden stoßen an ihre Grenzen

Immer häufiger wird offenbar, dass sich die Arbeitswelt in Deutschland im Wandel befindet. Seit Jahrzehnten sind diszipliniertes und planvolles Vorgehen das A und O in deutschen Unternehmen. Das Management sammelt jede Menge Daten und kontrolliert weitreichend alle Prozesse, um bei Soll-Abweichungen steuernd eingreifen zu können. Denn es ist doch allgemein bekannt, dass die Wirkung sich in die gewünschte Richtung verlagern lässt, wenn man an der richtigen, ursächlichen Schraube dreht, oder? – Was dabei leider allzu oft außer Acht gelassen wird: Elementare Ursache-Wirkungs-Ketten existieren nicht in komplexen Umgebungen! Komplexität bedeutet gerade die Auflösung einfacher Kausalzusammenhänge und somit evidenter Steuerungsmechanismen. Dies ist genau der Grund, weshalb die üblichen Managementmethoden an ihre Grenzen stoßen, weil sie die Voraussetzung für die Bewältigung von Komplexität in globalen Märkten nicht bieten. Hier schlägt nun die Stunde der agilen Methoden!

Alternative: Das agile Mindset

„Wenn wir mit traditionellen Methoden nicht mehr ans Ziel gelangen, nutzen wir eben agile Methoden – Hauptsache wir bekommen die Steuerung wieder in den Griff.“ – Leider ist das in der Praxis keineswegs so einfach. Zwar gibt es agile Methoden wie z. B. Extreme Programming (XP), Feature Driven Development (FDD) oder Kanban für fast jeden Zweck. Doch ist die vereinzelte Anwendung agiler Methoden nicht geeignet, tiefliegende Probleme zu lösen. Die Optimierung nicht funktionierender Prozesse führt nicht dazu, dass die Prozesse irgendwann wieder laufen. Wenn ich einen Motor mit defektem Zahnriemen optimiere, wird das System „Motor“ nicht besser. Erst wenn ich etwas ändere bzw. austausche werde ich das gewünschte Resultat erzielen. So setzt die fruchtbare Anwendung agiler Methoden in einem Unternehmen einen grundlegenden Veränderungsprozess voraus. Das gesamte Unternehmen muss agil sein, nicht einzelne Prozesse! Dies führt zu einem Wandel der Denkweise, bzw. auf neudeutsch – des Mindsets.

Selbstorganisation, Verantwortung und Commitment

Und wie sieht nun das agile Mindset aus? In erster Linie bedingt Agilität eine andere Form der Zusammenarbeit. Hierarchische Positionen in Organisationen verlieren zugunsten klar definierter Rollen an Bedeutung. Insbesondere müssen Führungskräfte ihre gewohnten Denkmuster ablegen. Entscheidungen werden nämlich nicht mehr von Einzelnen gefällt, sondern vom Team. Aufgabe der Führung ist es nunmehr die Teammitglieder in die Lage zu versetzen ihrer Rolle entsprechend Entscheidungen kompetent und verantwortungsvoll treffen zu können. Dies setzt z. B. voraus, dass alle Teammitglieder eine klare und gemeinsame Vision haben (z. B. Produktvision, Projektvision usw.) von der ausgehend sie Ziele für ihre Umsetzungsiterationen ableiten können. Auch die Entwicklung dieser Vision ist eine wichtige Aufgabe einer agilen Führungskraft. Hingegen gehören die Planung von Aufgaben und Ressourcen nicht mehr zu den Aufgaben der Führungskraft, sondern zu den Kernkompetenzen der Umsetzungsteams. Dies bedeutet natürlich Freiräume für die Teammitglieder. Andererseits verpflichten sich im Rahmen ihrer Entscheidungsspielräume Verantwortung für ihr Handeln zu übernehmen und Commitments zu den eigenen und den Zielen des Teams abzugeben. Denn der Erfolg einer agilen Organisation ist ein Teamerfolg und kein Einzelerfolg. Selbstorganisation, Übernahme von Verantwortung und Commitment sind somit die tragenden Säulen des agilen Vorgehens. Diese Säulen können nicht isoliert auf einzelnen Inseln im Unternehmen stehen, sondern müssen immer auf dem soliden Fundament einer agilen Unternehmenskultur aufbauen. Gegenseitige Wertschätzung und Verantwortung, der Wille zur kontinuierlichen Verbesserung und transparente Kommunikation zeichnen diese Kultur aus.

Agilität heißt Kulturwandel

Wer also „nur“ ein paar Prozesse im Unternehmen optimieren möchte, wird mit agilen Methoden nicht mehr Wirkung erzielen, als mit traditionellen Verfahren. Sie alleine lösen nämlich die Probleme ineffizienter Organisationen nicht. Wer aber bereit ist, die Kultur seines Unternehmens grundlegend zu wandeln, der kann Agilität nutzen, um auf sich dynamisch ändernde Rahmenbedingungen flexibel zu reagieren.