Meist trifft man Unternehmenswerte flüchtig, gewissermaßen im Vorbeigehen, etwa im Foyer oder in der Kantine. Dort ermahnen sie von hübsch designten Plakaten herab die Mitarbeiter: „Wir kommunizieren offen, arbeiten als Team zusammen und unterstützen uns gegenseitig.“ Sie wollen darüber hinaus auch gut Wetter bei Kunden und Gästen machen: „Wir leben Kundenorientierung, sind absolut zuverlässig und halten Termine ein.“ Und sie erinnern die Führung an einstmals formulierte Maximen: „Die Mitarbeiter sind unser wichtigstes Gut, wir übertragen ihnen Verantwortung und fördern ihre persönliche Entwicklung.“
So alt die Erfahrung ist, dass die Beschwörung von Werten nicht zu wertorientiertem Handeln führt, so unbeholfen werden immer und immer wieder neue Ansätze gemacht, den alten Wein in neue Schläuche zu gießen. Doch bei den vielen Umfüllungen ist der Wein zwischenzeitlich weitgehend verdunstet und wohlfeile Werteformulierungen geraten immer mehr zur Luftnummer.
Auf den Projektwagen und den Kanban-Boards der Firma SPINNER automation in Markgröningen finden sich keine Auflistungen von Unternehmenswerten, wovon sich auch Außenstehende überzeugen konnten. Das Unternehmen aus dem Sondermaschinenbau hat vor 1,5 Jahren ein agiles Management-Framework eingeführt und den aktuellen Stand der Entwicklung jüngst interessierten Teilnehmern vorgeführt.
Die Mitglieder eines Montageteams haben gezeigt, wie sie ihre allmorgendliche Besprechung durchführen. Das Format ist an Scrum angelehnt, jedoch hat das Team diese Methode an seinen eigenen Bedarf angepasst. Hier siehst Du einen kleinen Ausschnitt aus der Besprechung: Video_Kommunikation_Fehlerkultur
Zunächst fällt auf, dass die einfache Regel, bei der jeder sagen soll, was er seit gestern gearbeitet hat, welche Schwierigkeiten es dabei gab und was er bis morgen erledigen will, in der Gruppe gut funktioniert.
Offene Kommunikation, Transparenz und Orientierung für alle
Wenn diese Themen in einem zehnminütigen Gespräch an jedem Morgen konzentriert abgearbeitet werden, sind alle Teammitglieder über den Projektstand, die Einzelarbeiten, die Fortschritte und Schwierigkeiten informiert. Es wird also regelmäßig Transparenz hergestellt. Und das geschieht nicht nur auf der sachlichen, sondern auch auf der persönlichen Ebene, denn es entsteht ein gegenseitiges Verständnis für die Situation des anderen, und was man versteht, verurteilt man nicht vorschnell. Daran erkennt man, dass nicht nur die Regeleinhaltung zählt, sondern dass die innere Haltung, am anderen interessiert zu sein und verstehen zu wollen, ebenso wichtig ist. Und siehe da, hier wird tatsächlich offen kommuniziert, ganz ohne Leitbild oder Werteverordnung. Das einfache Instrument dieser Besprechungsform ist voll und ganz ausreichend, um diesen Wert zum Leben zu bringen, vorausgesetzt er ist sozial und emotional im Team gewollt und eingeübt.
Kultur des Lernens und Orientierung am Kunden
Der erste Sprecher formuliert klar und deutlich, dass er beim Verlegen der Schläuche für die Pneumatik festgestellt hat, dass die dafür vorgesehenen Kabelkanäle mit einem zu geringen Durchmesser ausgelegt worden sind. Selbstverständlich hat er seine Erkenntnis bereits an die Konstruktion zurückgemeldet, da drei weitere Maschinen, die noch gefertigt werden müssen, bislang auch noch auf die schmalen Kabelkanäle ausgelegt sind. Nun, so selbstverständlich ist eine derartige Rückmeldung von der Montage an die Konstruktion nicht, z.B wenn ein (unausgesprochenes) hierarchisches Gefälle zwischen den Abteilungen herrscht. Fühlt sich jemand aufgrund eines solchen Feedbacks möglicherweise herabgesetzt? Wenn die Kollegen negative Gefühle zueinander entwickeln, aggressiv gestimmt sind oder in einen Rechtfertigungswettbewerb eintreten, helfen keine Werte, und auch keine Methoden. Haben die Mitarbeiter aber gelernt, nicht nach Schuldigen für Fehler zu suchen, sondern eine Kultur entwickelt, die Prozesse stetig zu verbessern, dann zahlt dies schließlich auch auf die Steigerung des Kundennutzens ein.
Team, gegenseitige Unterstützung, Verantwortung
Am Ende des kurzen Films erwähnt der dritte Sprecher ganz beiläufig, dass er nach der Erledigung seiner Arbeit einem Kollegen unter die Arme gegriffen hat, der mit seinem Projekt zeitlich im Druck stand. Das ist ein Verhalten, das in der heutigen Arbeitswelt keineswegs selbstverständlich ist: „Ich habe meine Anordnungen erfüllt, alles darüber hinaus geht mich nichts an.“, „Das gehört nicht zu meinem Aufgabenbereich“, „Dafür ist die Arbeitsvorbereitung zuständig“, sind Aussagen und Rechtfertigungen, die man nur allzu oft zu hören bekommt. Hier ist es anders. Nicht, weil der Kollege auf einem Werte-Plakat gelesen hätte „Wir unterstützen uns gegenseitig“, sondern weil sich die Teammitglieder mit einem gemeinsamen Ziel verbunden haben und gemeinschaftlich darauf hin arbeiten. Freiwillige Verantwortungsübernahme – ganz ohne Anordnung durch Vorgesetzte – inbegriffen.
Wenn Dir das Werte-Sprücheklopfen Unbehagen bereitet und Du daran interessiert bist, mit deinen Mitarbeitern und Teams eigenverantwortete Wertschöpfung für die Kunden auf den Weg zu bringen, dann schau einmal, ob du in unserer Modulreihe fündig wirst.