Fachkräfte werden immer knapper
Das Renteneintrittsalter steigt; mit der Bologna-Reform wächst die Zahl der Studienabsolventen an. Trotzdem fehlen der deutschen Industrie qualifizierte Arbeitskräfte. So fehlten z. B. 2014 in Bayern rund 265.000 Fachkräfte (Quelle: IHK Fachkräftereport 2014). Zahlreiche Qualifizierungsmaßnahmen versuchen dieser Entwicklung entgegenzuwirken. Dennoch gehen Prognosen davon aus, dass sich der negative Trend während der nächsten 10-20 Jahre weiter verstärken wird. So wird damit gerechnet, dass allein in Bayern der Fachkräftebedarf im Vergleich zu heute um ca. 30% wachsen dürfte. Bis 2029 müssen deutschlandweit 710.000 Ingenieurstellen neu besetzt werden (Quelle: Mythos Fachkräftemangel? auf tagesschau.de). Dies ist genau die Zeit, zu der die geburtenstarken Jahrgänge der Nachkriegsgeneration massenweise in Rente gehen werden. Deren Stellen müssen dann schnellstens neu besetzt werden, um den Anschluss nicht zu verlieren. Von Jahr zu Jahr wird der Bedarf immer schwerer zu decken sein. Kleinere Unternehmen mit Standorten außerhalb der attraktiven Ballungszentren spüren diese Schwierigkeiten bereits heute. Wenn diesem Trend nicht bald Einhalt geboten werden kann, könnte sich dieses Problem zu einer ernsthaften Gefährdung des Standorts Deutschland ausweiten. Umso schlimmer wiegt, dass auch die Abwanderung hochqualifizierter Kräfte ins Ausland ein Rekordniveau erreicht (Quelle: Adieu Deutschland auf welt.de).
Die Bedürfnisse der Arbeitnehmer haben sich gewandelt
Was sollen deutsche Unternehmen also tun, um im Wettbewerb auf dem Arbeitnehmermarkt mithalten zu können? Tun wir nicht ohnehin schon alles Erdenkliche? Firmenwagen, Firmenhandy und Laptop, Karrieremöglichkeiten als Führungskraft usw. – diese Statussymbole sind in deutschen Unternehmen längst selbstverständlich. Doch genau hier liegt auch ein Teil des Problems. Die nachwachsenden Generationen von Fachkräften stammen aus anderen sozialen Verhältnissen, als ihre Vorgänger. Wohlstand müssen sie nicht erst erreichen, sondern sind ihn gewohnt. Die üblichen Statussymbole, die für ihre Eltern noch ein Leistungsanreiz waren, gehören für die Generation Y zum täglichen Leben dazu. Damit lassen sich qualifizierte Arbeitnehmer nicht für die Unternehmen gewinnen oder sich gar langfristig binden. Wie Studien zeigen, sind zwar leistungsgerechte Vergütungen immer noch sehr wichtig, jedoch stehen sinnerfülltes und selbstbestimmtes Arbeiten als neue Statussymbole sehr hoch im Kurs bei qualifizierten Arbeitskräften. Die Bedürfnisse der Arbeitnehmer haben sich also über die Jahre und Jahrzehnte gewandelt. Dem müssen unsere Firmen Rechnung tragen und sich mehr an diesen Bedürfnissen orientieren, statt starr an Etabliertem festzuhalten. Mitarbeiter, die Verantwortung für ihr Handeln übernehmen, die den Sinn ihrer Aufgaben für die Unternehmensstrategie erkennen und die ihre Arbeitszeit (weitgehend) selbst bestimmen können, sind wesentlich kreativer und innovativer, als die Bürohengste, die sich an althergebrachten Regularien orientieren müssen. Die Firmen des Sillicon Valley gehören nicht deshalb zu den erfolgreichsten und innovativsten Unternehmen der Welt, weil sie ihren Angestellten vorschreiben, was sie von wann bis wann, bis dann und dann, da und da zu tun haben. Sie sind deshalb erfolgreich, weil sie gerade dies nicht tun, sondern ihren Mitarbeitern weitgehende Freiheiten einräumen – und sie gut bezahlen! So können auch scheinbar verrückte Ideen umgesetzt und Verkaufsschlager werden.
Unternehmenskultur statt Statussymbolen
Wer also die besten Fachkräfte für das eigene Unternehmen gewinnen will, muss nicht den Trend beklagen, sondern kann etwas tun! Das Festhalten an altbewährten Motivationsmechanismen und Statussymbolen ist der falsche Weg. Mitarbeiter werden gewonnen, wenn die Unternehmenskultur den Bedürfnissen der modernen Fachkräfte entspricht. Selbstbestimmung und flexible Arbeitszeiten sind Wissensarbeitern wichtiger, als Dienstwagen und wohlklingende Jobtitel. Wer die richtige Kultur in seinem Unternehmen realisiert, wird auch in Zukunft keine Probleme haben die beste Mannschaft zusammen zu stellen.