Lassen sich komplexe Anforderungen mit einfachen oder komplizierten Prozessen in den Griff bekommen? Dies ist eine Frage, die uns seit Beginn von Industrialisierung und Unternehmertum immer wieder begegnet, die aber zunehmend an Bedeutung gewinnt. Schließlich werden Umwelt und Märkte immer komplexer.
Taylorismus
Wie uns Frederick Taylor glauben macht, ist das eigentlich kein Problem. Wir müssen nur genügend Kontrollmechanismen installieren, jede Menge Daten sammeln, sie geschickt auswerten und schon sind wir in der Lage die richtige Stellschraube zu finden, um unser (betriebswirtschaftliches) System in die gewünschte Richtung laufen zu lassen. Dieser Gedanke steht hinter den meisten verbreiteten Managementparadigmen und ist nach wie vor Grundlage der allgemeinen Lehre. Die Annahme ist ja auch zutiefst menschlich. Es beruhigt uns ungemein, wenn wir die Zukunft durch unser Handeln eindeutig bestimmen können. Das gibt uns Sicherheit und hilft uns unsere Entscheidungen optimal zu planen.
Kausaler Determinismus
Die Annahme dieses sog. kausalen Determinismus entspricht dem mechanistischen Weltbild: Wenn wir den Zustand eines Systems zu einem beliebigen Zeitpunkt und die Naturgesetze kennen, dann können wir die Zustände zu jedem anderen Zeitpunkt berechnen. Wunderbar, einfach und intuitiv – aber leider falsch! Rein mechanistisches Denken beschreibt unsere Welt nur unzureichend und kann allenfalls als ganz grobe Näherung dienen. Denken wir z. B. an das berühmte Drei-Körper-Problem der Physik: Dieses System ist wirklich sehr einfach. Und dennoch können wir seinen Zustand zu einem beliebigen Zeitpunkt nicht genau berechnen. Es handelt sich im Grunde nämlich um ein chaotisches System das sich dem kausalen Determinismus entzieht. Wenn wir aber die Bewegungen dreier Körper nicht vorhersehen können, wie kommen wir dann auf die Idee, dass wir das Verhalten von 50, 200, 5000 usw. Mitarbeitern mit hunderten und tausenden Prozessen exakt steuern können? Big Data, KPIs, Mitarbeiter-Zielvereinbarungen usw. – alles geht genau in diese Richtung.
Das mechanistische Weltbild
Kein Mensch glaubt heute noch ernsthaft an das Ptolemäische Weltbild, das im Zuge der kopernikanischen Wende abgelöst wurde. Genauso müssen wir uns auch von unserem mechanistischen Weltbild trennen und endlich anerkennen, dass Komplexität existiert und nicht durch simple Systeme wie z. B. Prozesse – seien sie auch noch so kompliziert – gesteuert werden kann. Der Umgang mit Komplexität lässt sich nur mit Hilfe neuronaler Netze in den Griff bekommen. Gott sei Dank sind diese neuronalen Netze in unseren Unternehmen reichlich vorhanden. Dafür haben wir unsere Teams. Allerdings dürfen wir nicht in den Fehler verfallen, die Potenziale unserer Teams durch altes Managementdenken (Langfristplanung, zentrale Steuerung, Controlling) kaputt zu machen. Nein: Wir müssen das Potenzial nutzen und die Selbstorganisation der Teams fördern, damit wir der wachsenden Komplexität Herr werden können. Neuronale Netze sind nämlich selbst komplex und nutzen bewusst Komplexität zur Zielerreichung.
Das agile Weltbild
Hören wir also endlich auf damit, komplexe (nicht kausal determinierte) Anforderungen mit „nur“ komplizierten (kausal determinierten) Systemen in den Griff kriegen zu wollen. Hauen wir also unser mechanistisches Weltbild endlich in die Tonne und nähern uns der Komplexität mit selbstorganisierenden Teams (neuronalen Netzen). Schaffen wir Platz für das agile Weltbild!
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