Selbstorganisation in der Chaostheorie
Nun: Selbstorganisation ist ein Phänomen, das in der Chaos- bzw. Komplexitätstheorie häufig beobachtet wird. Betrachten wir z. B. das Feigenbaum-Diagramm eines sehr einfachen, chaotischen Systems, der sog. logistischen Gleichung (z. B: Wikipedia).
Dann fällt auf, dass es in diesem Diagramm innerhalb der schwarzen Bereiche immer wieder weiße Streifen gibt, die aus einer quasistabilen Ordnung im ansonsten vorherrschenden Chaos bestehen. Diese Ordnungsstrukturen werden nicht durch äußere Kräfte und schon gar nicht durch kausal deterministische Prozesse erzeugt, sondern durch Selbstorganisation. Das System bildet ganz ohne äußere Führung Ordnung aus sich selbst heraus!
Selbstorganisation im Unternehmen – geht das?
Schön und gut, aber was bedeutet das für ein Unternehmen? Wenn ich mein Team sich selbst überlasse, entsteht wahrscheinlich keine strukturelle Ordnung. Vielmehr wird Jeder machen was er will. Am Ende herrschen Anarchie und Chaos! Das muss ich verhindern, indem ich genau vorgebe, was wer wann zu tun hat. Also keine Handlungsautonomie, sondern Befehl und Gehorsam scheinen mir das Rezept für den Erfolg zu sein. Schließlich machen wir das schon immer so – zumindest seit den letzten 100 Jahren. – Deswegen erstellen heute noch Führungskräfte langfristige und sehr detaillierte Pläne, zerlegen Projekte, Aufträge usw. in atomare Aufgaben, die von den Mitarbeitern direkt bearbeitet werden können. Was aber, wenn die Führungskraft gar nicht genau weiß, was getan werden muss, um einen Auftrag umzusetzen? Was, wenn sich die Anforderungen ständig ändern? Was, wenn der Manager Fehler macht (z. B. unvollständige Projekt-Strukturpläne)? Dann geht das ganze Projekt schief und es kommt bestimmt nicht heraus, was sich der Auftraggeber vorgestellt hatte. – Da ist es doch besser, wenn die Experten – nämlich die Mitarbeiter, die das Vorhaben am Ende umsetzen – dem Manager die Aufgabe von Beginn an abnehmen und selbst die Planung und die Definition der Aufgabenpakete übernehmen. Sie sind es doch, die am besten wissen, wie die abstrakten Business-Anforderungen realisiert werden müssen. Sie wissen genau, welche Abhängigkeiten zwischen Arbeitspaketen zu berücksichtigen sind und welches der beste Lösungsweg ist. Das Geheimnis des Erfolgs sind also nicht Befehl und Gehorsam, sondern es liegt in der Selbstorganisation der Teams. Selbstorganisation führt zu Ordnung in der komplexen Unternehmenswelt!
Voraussetzung: klare, gemeinsame Ziele!
OK, wenn ich künftig auf selbstorganisierte Teams setze, wozu benötige ich dann noch Führungskräfte? Nun, Selbstorganisation funktioniert nicht ohne Führung, sonst gleitet sie in die Anarchie ab! Damit Selbstorganisation gelingen kann, nutzt es nichts, wenn Jeder in eine andere Richtung rennt, die er für die richtige hält, sondern Alle müssen an einem Strang ziehen. Das Team benötigt klare, gemeinsame Ziele, damit jederzeit Jedem klar ist, wohin die Reise gehen muss. Und eben diese Zielvorgabe ist die Aufgabe der Führungskraft. Sie muss die Vision für das zu implementierende Vorhaben entwickeln und das Team darauf einschwören. Erst wenn jeder einzelne Mitarbeiter im Team ein glasklares Ziel vor Augen hat, ist er in der Lage darauf hin zu arbeiten und sein eigenes Tun mit der Arbeit der Kollegen entsprechend abzustimmen. Diese selbst organisierte und permanente Abstimmung führt zum frühzeitigen Erkennen von Abhängigkeiten und damit zur Reduktion von Komplexität, die wiederum eine Erhöhung der Qualität nach sich zieht. Von einer einzigen Person wie z. B. der Führungskraft ist dies nicht zu bewerkstelligen. Das ist ein Riesenvorteil gegenüber dem Vorgehen im klassischen Management! Und noch etwas: Wenn sich der Manager nicht mehr um jede Kleinigkeit bei der Umsetzung kümmern muss, gewinnt er Zeit, sich auf seine Kernaufgabe zu kümmern – die Führung. So erleben wir mittels der konsequent zielgerichteten Selbstorganisation von Teams eine erstklassige Win-Win-Situation 🙂